Möchte man über Hofrat Franz Grillparzer, Journalistin Berta Zuckerkandl oder Rechtsanwalt Albert Drach etwas mehr erfahren oder ein bisschen besser kennenlernen, so ist Janko Ferks Buch über Dichter und ihre Zivilberufe genau das Richtige!
Über das Buch
Das vorliegende Buch beschäftigt sich mit exemplarischen Beispielen österreichischer Dichter und Dichterinnen, mit ihrer Vita und mit ihren „Doppelkarrieren“ im Sinne von Neben- oder Zivilberufen.
Die Kapitel sind individuell auf das Leben der einzelnen Schriftsteller und Dichter angepasst. Mit einer Leichtigkeit, äußerst pointiert und verständlich, beschreibt der Autor das Leben österreichischer Literaten und bringt zudem mal treffende Analysen zum Werk, mal Anekdoten aus ihrem Leben.
Ferk setzt sich intensiv mit dem Opus der Künstler auseinander und bettet dieses gekonnt in den historischen Kontext ein. Er beschreibt beispielsweise Motive und Hintergründe für Arthur Schnitzler´s Stück Professor Bernhardi: „Das Zeitstück aus dem Wien der vorletzten Jahrhundertwende ist ein Lehrbeispiel für den Antisemitismus der Stadt und des Staates. Der Antisemitismus wird hier nicht als Denkungsart und Grundeinstellung wahrgenommen, sondern von den Figuren, die eigentlich keine Judenhasser sind, als Motiv der Debatte gesteuert, um mit dem „gesunden Volkempfinden“ die wahren Triebfelder ihres abgeschmackten Handelns, ihrer Eitelkeit, Karrieresucht und ihres Neids zu kaschieren.“ (S. 85/6)
Dem Autor gelingt es zudem einen persönlichen Einblick ins Leben, Freundschaften oder Familienverhältnisse zu gewähren. Als Beispiel kann Thomas Bernhards Beziehung zu seinem Großvater Johannes Freumbichler genommen werden. Hierfür stützt sich Ferk auf das Band „Die Großväter sind die Lehrer“, herausgegeben von der Germanistin Caroline Markolin, oder die Autobiographie Bernhards: „Die Großväter sind die Lehrer, die eigentlichen Philosophen jedes Menschen, sie reißen immer den Vorhang auf, den die anderen fortwährend zuziehen.“ (S. 117)
Besonders spannend ist, dass der Autor hier und dort Parallelen zur heutigen Zeit zieht, indem er die Google-Ergebnisse, z.B. wenn man Berta Zuckerkandl sucht, beschreibt. Auch bemerkenswerte und charakteristische Begebenheiten werden erwähnt: „Auf meinem Diwan wird Österreich lebendig.“ (S. 32)
Er stützt sich hierbei auf persönliche Briefe und schildert, wie beispielsweise Hofrat Franz Grillparzer als Archivdirektor manchmal nur zwei Stunden arbeitete und so die Möglichkeit hatte, während seines Berufes der Dichtkunst nachzugehen. Mit privaten Tagebucheinträgen setzt sich Ferk ebenso auseinander und skizziert bildlich wie dieser am 7. April 1832 von der Leiter zu Boden fiel, als er versuchte ein Dokument aus der obersten Faszikel zu entnehmen. (S. 24)
Das Schmunzeln bleibt einem nicht erspart, wenn der Autor die Geschichte aus dem Tagebucheintrag Karl Ludwig Costenobles, dass Deinhardstein Grillparzer auf den Missgriff einer Rolle aufmerksam machte, die mit La Roche in seinen Augen besser besetzt gewesen wäre, erzählt, und dieser erwiderte: „I kenn´ den La Roche nit. Seit zehn Jahr´n geh i in kein Theater. I wähl´nur die Schauspieler, die i kenn!“ (S. 27)
Man erhält zugleich einen gesellschaftlichen Einblick in die Zeit der jeweiligen Schriftsteller. So beschreibt Ferk wie Richter Anton Wildgans in seinem Wohnhaus im 8. Wiener Gemeindebezirk Kaiser Franz Joseph begegnete, als dieser seine „gute Freundin“ Katharina Schratt besuchte, welche zugleich Wildgans´ Nachbarin war. (S. 43)
Fazit
Nun denn, nicht alle Anekdoten sollen verraten werden! Dennoch möchte ich abschließend mein Lieblingszitat aus dem vorliegenden Buch anführen. Hierbei handelt es sich um eine Aussage der Lehrerin Frederike Mayröcker, welche auf philosophische oder sogar magische Art und Weise das Schreiben beschreibt. Für sie ist es „nicht nur Analyse eines Atemzuges, eines Blickes, einer Reise an Orte der Kindheit, eines Tatbestands, sondern auch die Beziehung zur Verbalwelt von gestern und heute, es ist ein verbaler Umschlagplatz aller Erscheinungen und Erfahrungen des Tages – eine Art Kosmos wird geschaffen, wo alle Elemente einander bekämpfen, so lange, bis sie durch einen sie zum Erstarren bringenden Überguß von Form-Idee befriedet werden – also: Intuition und Intellekt, Berauschung und Nüchternheit, mit Verschiebung des Schwergewichts.“ (S. 109/110)
Facts
Titel: Bauer Bernhard, Beamter Kafka, Dichter und ihre Zivilberufe
Herausgeber_innen: Janko Ferk
157 Seiten
Styria Premium Verlag
ISBN: 978-3-222-13520-0
Wir danken dem Styria Premium Verlag für die Übersendung eines Rezensionsexemplares ! Diese Rezension erscheint im Rahmen des #artbookfriday, ins Leben gerufen von Museumlifestyle.