Zum Inhalt springen

Blogparade #Raumgefühl – Justizpalast Wien

Anett von Stadtsatz rief zur Blogparade zum Thema #RAUMGEFÜHL. Auf In-Arcadia-Ego widmen wir uns demnächst dem Michaelerturm in Bratislava, auf legesartes möchten wir natürlich ein Gebäude vorstellen, das auch zu unserer Webseite passen soll. Ein Gebäude, mit einer bewegten Geschichte, aber auch im Kontext von Kunst und Recht stehend – der Justizpalast am Schmerlingplatz in Wien.

Kurzer historischer Überblick

1873 gewinnt der Architekt Alexander Wielemans Edler von Monteforte die Ausschreibung (damals noch “Konkurrenz” genannt) bezüglich der Errichtung des Gebäudes, das von 1875 bis 1881 im Stil der Neo-Renaissance erbaut wird. Am 15.7.1927 wird der Justizpalast in Brand gesteckt. Grund dafür war der am Tag davor erfolgte Freispruch im Schattendorfer Prozess. Im Justizpalast wurde zwar nicht das Urteil gefällt, allerdings entlud sich die Wut der Demonstranten an dem markanten Gebäude der Justiz. Mindestens 89 Leute wurden dabei getötet, das Gebäude beinahe zerstört, die Kluft zwischen den Lagern vergrößerte sich und mündete letztlich 1934 in den Bürgerkrieg.((Bilder zum Justizpalastbrand können hier nachgesehen werden – URL: http://www.dasrotewien.at/page.php?P=12166. Videos zum Brand sind in der akustischen Chronik ersichtlich – URL: http://www.akustische-chronik.at/1921-1927/)) Von 1928 bis 1931 läuft der Wiederaufbau des Gebäudes, das Dach sowie einige Bauteile mussten abgetragen werden, es wurde ein Attika-Geschoss aufgebaut, der Eingang wurde monumental verändert.((Zur alten Ansicht siehe eine Abbildung einer Postkarte – URL: http://de.wikipedia.org/wiki/Justizpalast_(Wien)#mediaviewer/File:Justizpalast_Vienna_2007_(68).JPG)) Den Zuschlag für die Renovierung und den Aufbau des Gebäudes erhielt der Wiener Architekt Heinrich Karl Ried, dessen Ausführung “in einem unzeitgemäßen Neorenaissancevokabular in kräftigen Farben“((Architekturzentrum – Architektenlexikon – URL: http://www.architektenlexikon.at/de/507.htm)) nicht ganz den Geschmack traf, Fachleute und Architekten, wie Josef Frank und Josef Hoffmann, äußerten sich kritisch zur Justizpalastschande.((Eine Klage Rieds wegen Ehrenbeleidigung blieb ohne Folgen für die Kritiker – URL – http://www.architektenlexikon.at/de/507.htm)) Ab 1945 bis 1953 beherbergt der Justizpalast die Interalliierte Kommandatur. 1971 übersiedelt das Justizministerium in das gegenüberliegende Palais Trautson.

Abb.: Justizpalast aus der Ferne (links neben dem Parlament) - Aufgenommen im Volksgarten.

Abb.: Justizpalast aus der Ferne (links neben dem Parlament) – Aufgenommen im Volksgarten.

Von 2001 bis 2007 werden wieder umfangreiche Umbauarbeiten vorgenommen, das Gebäude, Verhandlungssäle, Zimmer der Richter und des Personals modernisiert und das Dachgeschoß ausgebaut.((Der Dachgeschoßausbau wurde vom Architekturbüro atelier 23 vorgenommen – URL: http://www.atelier23.at/86.html)) Oben befindet sich jetzt das Justizcafé, das auch von der Öffentlichkeit zu den Öffnungszeiten besucht werden kann.((Link zum Justizcafé mit weiteren Fotos – URL: http://212.186.126.116/Default.aspx))

Beschreibung des Gebäudes

#Justizpalast

Abb.: Eingang Gebäude – Schmerlingplatz

Betritt man das Gebäude muss man, wie bei (fast) allen Gerichtsgebäuden eine Schleuse und eine Kontrollepassieren. Ein paar Treppen hinauf und schon befindet man sich in der zweigeschossigen Zentralhalle des Gebäudes und wird von dem Anblick der Justitia, die vom Bildhauer Emanuel Pendl stammt, und einer zu ihr hinaufführenden Prunktreppe überwältigt.

Abb.: Zen­tral­halle — Justi­tia von Emanuel Pendl

Abb.: Zen­tral­halle — Justi­tia von Emanuel Pendl

In einem “Leitfaden” wurden die Ideen zur Zentralhalle des Justizpalastes näher ausgeführt: “Die Säle für die öffentlichen Gerichtsverhandlungen wurden in die Mitte des Gebäudes verlegt, und zwar reihen sich dieselben um eine große gemeinschaftliche Halle […] daß das Publikum von allen Eingängen des Justizpalastes auf kürzestem Wege, ohne andere Abtheilungen des Hauses passieren zu müssen, in diese große Halle gelangen kann, in welcher die Partheien sich aufhalten können, bis sie zu den Verhandlungen aufgerufen werden.”((Abgedruckt bei Pimmer, S. 68 – 9. Zentralhalle)) In dieser Form wurde das aber nicht verwirklicht.

#Justizpalast - Kuppel

Abb.: Einblick von unten nach oben in ein Kuppelgewölbe des ersten Geschosses der Zentralhalle

Die Kuppelgewölbe der Arkaden der Zentralhalle waren bemalt, im Erdgeschoss sind diese nicht mehr erhalten, die Malereien des oberen Geschosses sind erhalten. In den Kreuzkuppeln sind Darstellungen verschiedener Berufe und Tugenden enthalten, eine bemerkenswerte Farbigkeit.((Pimmer, S. 76))

Raumgefühl

Mit diesem Gebäude verbinde ich viele Gefühle – als junge Studentin war ich das erste Mal im Justizpalast – im Aktenlager – während des Gerichtsjahres war ich am Oberlandesgericht Wien als Schriftführerin eingeteilt und konnte in einem Strafsenat spannende Rechtsmittelentscheidungen verfolgen – wobei man gerade im Strafverfahren einer Vielzahl an Emotionen ausgesetzt ist. All dies kann man spüren, wenn man sich in dem Gebäude bewegt. Hier werden Prozesse unterschiedlichster Arten durchgeführt, da sich im Justizpalast neben dem Obersten Gerichtshof, auch das Oberlandesgericht Wien, das Landesgericht für Zivilrechtssachen Wien, die Generalprokuratur sowie die Oberstaatsanwaltschaft Wien befinden. Neben Touristen, die das Gebäude besichtigen und von der Terrasse der Cafeteria Fotos machen wollen, wimmelt es von Anwälten, Richtern, Sachverständigen, Parteien, Angeklagten, Polizisten, uvm. Eine eigene Stimmung hat so ein Gerichtsgebäude, diesen Eindruck habe ich zumindestens immer, irgendwo zwischen Resignation, Hoffnung, Wut, Verzweiflung, aber auch ganz normaler Arbeitsplatz und Alltag für juristische Berufe. Durch das Justizcafé erfolgte eine Öffnung des Gebäudes – Touristen, Kaffeehausbesucher, Personen, die nicht aus juristischen Gründen in den Justizpalast müssen, mischen das Bild bzw. die Stimmung eines Gerichtsgebäudes etwas auf. Die verschiedenen Restaurier- und Aufbauabschnitte sind im Gebäude sehr gut auszumachen. Es trifft hier modernste Bauweise in den oberen Stockwerken und im Café auf den Neorenaissance-Baustil des Eingangs.

ABB.: Aus­sicht aus dem Jus­tiz­café in Rich­tung Rathaus

ABB.: Aus­sicht aus dem Jus­tiz­café in Rich­tung Rathaus

Weiterführende Literatur

Bundesministerium für Justiz (Hrsg), Der Wiener Justizpalast, 2007 – Link

Renate Pimmer, Der Wiener Justizpalast, Diplomarbeit Wien 2011 – Link

3 Gedanken zu „Blogparade #Raumgefühl – Justizpalast Wien“

  1. Danke schön ! Ein wahrhaft schönes Gerichtsgebäude, das noch viel mehr zu bieten hat, als wir in dem Artikel beschreiben konnten.

Die Kommentarfunktion ist deaktiviert.